Hat Jesus die Hölle selbst gelehrt? Was ist mit „wer zu ihm sagt: ›Du Idiot‹, der gehört ins Feuer der Hölle.“ (Mt 5,22 NGÜ)? Wie passt das zur Lehre der Allversöhnung? Indem ich den alttestamentlichen Hintergrund von Gehenna beleuchte, will ich zeigen, dass Jesus nicht die ewige Bestrafung in der Hölle lehrte, sondern das bevorstehende nationale Gericht Israels.
Weder die hebräische noch die griechische Sprache haben ein Wort, das die Bedeutung hat, die normalerweise mit dem Wort Hölle verbunden ist (erfahren Sie in diesem Artikel mehr über die biblischen Wörter, die fälschlicherweise als Hölle übersetzt wurden).
Mt 5,29 wird oft so übersetzt:
„Es ist besser, du verlierst eines deiner Glieder, als dass du mit unversehrtem Körper in die Hölle geworfen wirst.“ (NGÜ)
Wenn wir solche Verse lesen, verstehen wir sie sofort durch die theologische Brille, die wir tragen. Sämtliche Predigten, Illustrationen und Ideen kommen uns in den Sinn. Nichts davon kam den Zuhörern Jesu in den Sinn. Aufgrund dessen, was uns beigebracht wurde, verbinden wir diese Verse mit Hölle, ewiger Bestrafung und so weiter. Für uns scheint die Bedeutung klar. Was aber, wenn unsere theologische Brille die wahre Bedeutung der Verse verbirgt? Wir müssen fragen, was die Israeliten gehört haben, als Jesus diese Worte sagte. Wir müssen unsere eigene theologische Brille abnehmen und die Brille der Juden zur Zeit Jesu aufsetzen. Dies hoffe ich mit diesem Artikel zu erreichen.
Das griechische Wort, das hier als „Hölle“ übersetzt wird, ist eigentlich Gehenna (γέεννα). Gehenna ist ein echter Ort, den Sie bis heute besuchen können. Sie können sich sogar Bilder der „Hölle“ in Google Maps anschauen. Gehenna hat eine reiche Geschichte im Alten Testament (AT). Die einzige Möglichkeit die Worte Jesu richtig zu verstehen, besteht darin, zu überprüfen was das AT über Gehenna sagt.
Gehenna ist eine Transliteration des „Tals der Söhne von Hinnom“. Für Juden war Gehenna / Hinnom mit Sünde und Gericht verbunden, weil es der Ort war, an dem König Ahas (2 Chr 28, 3) und König Manasse (2 Chr 33, 6) ihre eigenen Söhne als Opfer für Moloch verbrannten.
Insbesondere Jeremia und Jesaja haben das Verständnis von Gehenna im AT geprägt. In ihren Schriften ist Gehenna ein Ort des Schlachtens (Jer 7: 31-32; 19: 6 + 11-14 – Anmerkung: Topheth ist ein Ort im Tal von Hinnom) und des Feuers (Jes 30:33). Dadurch wurde Hinnom ein Ort feurigen Gerichts. Es war der Ort, an dem die toten Israeliten gestapelt wurden, nachdem die Babylonier Jerusalem erobert hatten (Jer 7: 31-33; 19: 2-13). Aber im gesamten AT ist es nie mit einem ewigen Gericht im Jenseits verbunden, sondern mit einem bevorstehenden Gericht in dieser Welt (z. B. der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier).
Jesus verbindet Gehenna mit „unauslöschlichem Feuer“ (Mk 9,47-48). Was verbanden die Juden mit unauslöschlichem Feuer? Im AT finden wir viele Hinweise auf unauslöschliches Feuer. Zum Beispiel wurde Jerusalem von den Babyloniern mit unauslöschlichem Feuer niedergebrannt (Jer 21,10-12). Als Hesekiel das Kommen der Babylonier prophezeite sagte er, dass der gesamte Negev (südlicher Teil Israels) von unauslöschlichem Feuer verbrannt werden wird (Hes 20,47-48). Amos spricht von unauslöschlichem Feuer als einem nationalen Urteil über das Nordreich durch die Assyrer (Amos 5,5-6). Jesaja benutzte es, um das nationale Urteil über Edom zu beschreiben (Jes 34,10). Brennt einer dieser Orte bis heute? Offensichtlich nicht! „Unauslöschliches Feuer“ hatte nichts mit ewiger Bestrafung zu tun, sondern drehte sich um ein unmittelbar bevorstehendes Gericht in dieser Welt.
All dies war wahrscheinlich in den Köpfen der Juden die Jesus zuhörten. Als Jesus Begriffe wie Gehenna und unauslöschliches Feuer verwendete, kam ihnen die Idee der ewigen Bestrafung höchstwahrscheinlich nie in den Sinn. Stattdessen erinnerten sie sich wahrscheinlich an die Schrecken der Zerstörung Jerusalems durch die Hände der Babylonier. Und ich denke, genau das wollte Jesus mitteilen. Seine Botschaft war nicht, dass der bußunwillige Sünder für immer in der Hölle bestraft wird. Seine Botschaft war eine klare Warnung an die Israeliten seiner Zeit: Wenn ihr nicht umkehrt und meinem Weg der Liebe folgt, dann wird es euch ebenso ergehen wie euren Vorfahren bei der Zerstörung Jerusalems.
Und genau so kam es. Die Israeliten haben nicht Buße getan und sind nicht der Lehre Jesu gefolgt. Sie wählten den Weg der Gewalt und der Rebellion und genau das, wovor Jesus sie warnte, geschah: 70 n. Chr. zerstörten die Römer Jerusalem, brannten es nieder und Josephus weist darauf hin, dass alle Leichen in das Tal von Hinnom geworfen wurden, es war einer der schlimmsten Zeiten in der Geschichte der Juden.
Fazit: Als Jesus den Begriff Gehenna verwendete, sprach er sehr wahrscheinlich von einem bevorstehenden nationalen Gericht hier in dieser Welt und nicht von ewiger Bestrafung im Jenseits.
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