„Und wenn jemand nicht im Buch des Lebens eingetragen gefunden wurde, wurde er ebenfalls in den Feuersee geworfen“ (Offb 20,15 NGÜ). Wie passt dies zusammen damit, dass ultimativ Gott alle Menschen retten und mit sich versöhnen wird? Und was hat der Feuersee damit zu tun?
Das Buch des Lebens ist nicht starr, sondern flexibel
Der Inhalt des Buches des Lebens (BdL) ist nicht ewiglich unveränderlich! Mehrere Stellen in der Bibel zeigen, dass der Inhalt des BdL flexibel ist (Ex 32,32; Ps 69,29; Offb 3,5). Warum ist das wichtig? Es ist wichtig, weil es zeigt, dass Menschen, die nicht im Buch des Lebens stehen und in den Feuersee geworfen werden, später doch noch die Chance haben in das BdL eingetragen zu werden und in das Neue Jerusalem einkehren zu können.
Gibt es dafür ein Beispiel? Ja! Die Könige der Erde, die mit Babylon Unzucht getrieben haben (Offb 18,9) und die Heidenvölker, die alle in den Feuersee geworfen wurden, weil sie nicht im BdL waren (Offb 20,15) kommen plötzlich in Offb 21,24-27 in das Neue Jerusalem um ihre Schätze in die Stadt zu bringen. Offb 21,27 bestätigt weiterhin das nichts Unreines die Stadt betritt und nur eintretten darf, wer im BdL steht. Das bedeutet die Könige der Erde, die vorher nicht im BdL waren, wurden durch den Feuersee gereinigt und ihr Name wurde im BdL ergänzt, so dass sie in Offb 21,24-27 in das Neue Jerusalem eintreten dürfen.
Das passt dazu, dass außerhalb des Neuen Jerusalems sich diejenigen befinden, die noch nicht Buße getan haben (Offb 22,15), diejenigen, die in den Feuersee geworfen wurden (gemäß Offb 21,1-8+15). Aber die Tore vom Neuen Jerusalem werden niemals verschlossen sein (Offb 21,25). Gottes Barmherzigkeit wird niemals enden. Die Blätter in der Stadt sind für die Heilung der Völker bestimmt (Offb 22,2). Die Offenbarung endet mit Gottes Einladung zu kommen: „Der Geist ´Gottes` und die Braut rufen: »Komm!« Und wer diesen Ruf hört, soll ebenfalls sagen: »Komm!« Wer Durst hat, der komme! Wer will, der trinke vom Wasser des Lebens; er bekommt es umsonst.“ (Offb 22,17). Dieser Vers steht direkt im Kontext mit denen die ausserhalb der Stadt sind (Offb 22,15). Gottes Gnade, seine treue Liebe (חֶסֶד ḥæsæḏ) währet ewiglich, das ist wie Gott im Alten Testament immer und immer wieder beschrieben wird. Gott wird mit offenen Armen auf all seine verlorenen Kinder warten, so wie Jesus es gelehrt hat (Lukas 15,20).
Der Feuersee und die Kirchenväter
Die oben vorgeschlagene Auslegung passt gut zu dem wie viele der Kirchenväter den Feuersee verstanden haben. Sie haben den Feuersee als reinigendes Gericht Gottes verstanden. Dass Gott richten wird, wurde nie angezweifelt, aber Gottes Gerechtigkeit und sein Gericht wurde als wiederherstellend verstanden und nicht als vergeltend. Das Ziel des Gerichts Gottes ist Wiederherstellung und nicht Zerstörung und Verbannung (mehr dazu gibt es HIER).
Der große Kirchenvater Origenes hat den Feuersee als zahllose Äonen der Läuterung und Reinigung verstanden, aber das Endziel war immer die Versöhnung mit Gott.
Gregor von Nyssa hat gelehrt, dass das Feuer des Gerichts reinigt von aller sündigen Natur. Es ist ein schmerzhafter Prozess, aber das Endziel ist Reinigung und nicht Folter oder Vernichtung. Demnach ist dieses reinigende Gericht nicht mit der Idee des Fegefeuers gleichzusetzen, weil das (katholische) Fegefeuer ein vergeltendes Handeln Gottes ist.
Selbst Augustinus, der maßgeblich dazu beigetragen hat, dass wir heute an eine ewige Hölle glauben, musste zugeben, dass im 4 Jh. nach Christus noch SEHR VIELE Christen nicht an endlose Qualen geglaubt haben. Und er gibt sogar zu, dass dieser Glaube möglich ist ohne die Schrift zu verleugnen. Damit wird klar, dass bis ins 4 Jh. SEHR VIELE Christen geglaubt haben, dass Gott alle Menschen ultimativ retten wird und nicht ewig quälen wird.
Zusammenfassung
Das Buch des Lebens ist ein flexibles Dokument. Namen können ausgelöscht werden und können hinzugefügt werden. Wer nicht im Buch des Lebens steht, wird von Gott mit seinem reinigenden Feuer gerichtet werden. Dieses Gericht ist kein vergeltendes Gericht, sondern ein wiederherstellendes Gericht. Es ist ein Gericht, was zur Buße führt. Es wird die Verblendung von Leuten wegbrennen, so dass sie Gottes Schönheit und Liebe erkennen können. Dies wird dazu führen, dass jedes Knie sich freudig vor König Jesus beugen wird und ihn als Herrn bekennen wird. Und dadurch wird Gottes Wille erfüllt: das gesamte Universum wird unter Christus vereint (Eph.1,9-10), der gesamte Kosmos wird mit Gott versöhnt sein (2 Kor 5,19; Kol 1,19-20), alle Menschen werden zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1 Tim 2,4), Gott wird sich aller erbarmen (Röm 11,32), Jesus wird alle Menschen zu sich ziehen (Joh 12,32), sein Licht wird jeden Menschen erleuchten (Joh 1,9), Jesus wird der Retter der ganzen Welt sein (Joh 4,42) und die Wiederherstellung aller Dinge (griechisch: apokatastasis) wird vollendet sein.
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