Hier ist eine beunruhigende Tendenz, der ich häufig begegne. Wann immer ich einen Vers aus dem Neuen Testament zitiere, der ohne Einschränkung besagt, dass Gott NUR Licht, Liebe und Güte ist, werde ich beschuldigt, die Bibel selektiv zu lesen. Diese selbst ernannten Verteidiger der Heiligen Schrift, bemängeln, dass ich mir nur Verse aussuche, die in meine Theologie passen und andere Verse ignoriere. Sie zitieren dann alttestamentliche Verse, die, wenn sie wörtlich gelesen werden, zu sagen scheinen, dass Gott dunkel IST, zornig IST und alles Böse anordnet.
Wenn ich z. B. sage: „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis“ (1. Johannes 1,5), dann werden sie antworten, dass dies nicht stimmt. Sie sind überzeugt, dass Gott tatsächlich Finsternis und Böses in sich hat, denn in Jesaja 45,7 steht, dass er der „Schöpfer“ von „Finsternis“ und „Bösem“ ist. Sie umgehen die Botschaft von 1. Johannes 1,5, indem sie einen alttestamentlichen Vers nehmen, um damit die Aussage von 1. Johannes 1,5 außer Kraft zu setzen.
In ähnlicher Weise beschuldigen mich diese Wörtlichnehmer auch der Rosinenpickerei von Versen, wenn ich sage, dass Gott uns nicht mit Bösem beauftragt, Böses tut oder uns damit in Versuchung führt, was ich auf die Autorität folgender Passage stütze:
„Nachdem die Begierde dann schwanger geworden ist, bringt sie die Sünde zur Welt; die Sünde aber, wenn sie ausgewachsen ist, gebiert den Tod. 16 Macht euch nichts vor, meine lieben Geschwister! 17 Von oben kommen nur gute Gaben und nur vollkommene Geschenke; sie kommen vom Schöpfer der Gestirne, der sich nicht ändert und bei dem es keinen Wechsel von Licht zu Finsternis gibt.“ (Jakobus 1:15-17 NGÜ)
Diese Kritiker antworten auf meine Behauptung, indem sie die Aussage von Amos 3,6 zitieren:
„Soll denn Böses in der Stadt sein, und der Herr hat es nicht getan?“
Diese Kritiker werfen die sehr klare und präzise Sprache von Jakobus 1,15-17 einfach in ihren theologischen Mülleimer.
Weiterhin behaupten diese buchstabengetreuen Christen, dass ich selektiv Bibelverse herauspicke, wenn ich auf der Grundlage von Jesu Aussage in Johannes 10:10 behaupte, dass Satan der Unterdrücker, Zerstörer und Mörder der Menschen ist, nicht Gott.
„Der Dieb kommt nur, um die Schafe zu stehlen und zu schlachten und um Verderben zu bringen. Ich aber bin gekommen, um ihnen Leben zu bringen – Leben in ganzer Fülle.“ (NGÜ)
Dann wird schnell Deuteronomium 28 zitiert, wo Gott buchstäblich ankündigt, dass er Plagen, Krankheit, Leid, Hungersnot, Krieg und vieles mehr schicken wird, wenn wir ihm nicht gehorsam sind. Da die alttestamentliche Stelle offensichtlich den Worten Jesu widerspricht, kann ich nur falschliegen, Ihrer Meinung nach.
Diese buchstabengetreuen Christen beschuldigen mich, ein Rosinenpicker zu sein und sind sich sicher, dass meine zitierten Verse absolut kein Gewicht haben, weil IHRE ausgewählten Verse eindeutig etwas anderes sagen. Die Wahrheit ist nämlich, dass wir alle die Bibel selektiv lesen. Niemand liest die Bibel neutral. Die entscheidende Frage ist nur, anhand welcher Kriterien wir Verse priorisieren.
Meine Kritiker weigern sich gewöhnlich, die Aussagen meiner neutestamentlichen Verse anzuerkennen – und zwar GANZ. Sie bieten keine alternative Erklärung für meine Passagen an, nur dass sie nicht bedeuten können, was ich sage, dass sie bedeuten, weil ihre alttestamentlichen Texte „wörtlich“ sagen, dass Gott dunkel, zornig und gewalttätig ist.
Trotz der Tatsache, dass der Hebräerbrief sagt, dass WIR, als Gläubige des Neuen Testaments, einen „besseren Bund“ mit „besseren Verheißungen“ haben, die eine „vorzüglichere“ Offenbarung Gottes hervorbringen (Hebräer 8:6-7), geben diese buchstabengetreuen Christen dem „Buchstaben“ des Alten Testaments den Vorrang vor dem „besseren“ Neuen Testament.
Hebräer 8,7-8 und 2 Korinther 3,14 bezeugen, dass der alte Bund (und damit Teile des Alten Testaments) mangelhaft war und nicht vollkommen. Genau deshalb war überhaupt ein neuer Bund nötig. Paulus gebraucht das Bild, dass wir beim Lesen des AT einen Schleier über den Augen haben. Alleine Jesus offenbart uns, wie Gott wirklich ist. Der neue Bund, den wir im Neuen Testament finden, übertrumpft den alten Bund. Das Studium des Alten Testaments machte Saulus zu einem Verfolger von Christen. Erst die Begegnung mit Jesus half ihm, zu erkennen, wie Gott wirklich ist.
Trotz der Tatsache, dass Paulus uns in 2. Korinther 3,6 warnt, dass „der (wörtliche) Buchstabe (des AT) uns tötet“, dass aber der „Geist (der uns die Wahrheit offenbart) Leben gibt“, bestehen diese Kritiker immer noch darauf, dass das Alte Testament die Richtschnur der Wahrheit ist, nicht das Neue Testament.
Hier ist mein Fazit:
Genauso wie das Licht die Dunkelheit übertrumpft, so übertrumpft auch das „bessere Neue Testament“ den „alttestamentlichen Buchstaben“. Genauso wie das Flutlicht im Stadion viel besser ist als das verwirrende Stroboskoplicht, das nur eine unvollständige und abgehackte Sicht bietet, so ist auch das „bessere Flutlicht“ des Neuen Testaments immer heller und richtiger als das „schwächere Stroboskoplicht“ des Alten Testaments.
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